Donnerstag, 1. Oktober 2020

Programmbeschwerde gegen den "Faktencheck" von "Die Anstalt" zu Assange

In diesem “Faktencheck”[1] wurde ganz klar gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen. Mir ist bewusst, dass die Sendung “Die Anstalt” Satire ist, die selbstverständlich weitgehende Freiheiten genießt, und dass hier durchaus Unterhaltung Vorfahrt vor überprüfbaren Fakten haben darf. Wenn aber dazu dann ein “Faktencheck” mitgeliefert wird, dann wird dem Zuschauer suggeriert, dass alle Tatsachenbehauptungen aus der Sendung überprüfbare Fakten zugrunde liegen. Und das geht gar nicht -- jedenfalls nicht wenn es eben oft keine überprüfbaren Fakten sind, sondern sehr oft Unwahrheiten oder bestenfalls unbelegte Theorien, wie ich gleich zeigen werde.


Ein erstes großes Problem ist, dass bei dem “Faktencheck” oft nur auf Medienberichte verlinkt wird. Das sind meist Mainstream-Medien, aber auch die machen Fehler. Ist es wirklich ein überprüfbarer Fakt, wenn eine große Zeitung darüber berichtet? Erschwerend dazu kommt, dass es nicht nur Mainstream-Medien sind, sondern es wird auch unreflektiert Medien wie Telepolis oder Neues Deutschland verlinkt -- und da muss ich schon fragen: Ernsthaft???


Ich will an 3 konkreten und eindeutigen Beispielen zeigen, dass man auf diese Art Unwahrheiten (oder bestenfalls unbelegte Theorien) als “Fakt” verkauft:


  1. 85 Prozent der Einwohner von Alexandria, VA arbeiten bei der National-Security-Community


Wie ich dies las fragte ich mich ernsthaft wie naiv oder verblendet man sein kann, so einen offensichtlichen Unsinn zu glauben und weiter zu verbreiten. Was denkt man sich eigentlich, eine Stadt ganz ohne (oder gerade mal 15%) lokale Administration, Geschäfte, Bildung, Kultur, lokale Industrien, und so weiter und so fort?


Und hier zeigt sich das Problem: Die Zahl 85% ist eine bloße Behauptung von Nils Melzer, die er bei einem Interview aufgestellt hat. Und schwuppdiwupp ist es “Fakt”. 


Bitte rufen Sie die Wikipedia-Seite zu Alexandria, VA[2] auf und lesen Sie das Kapitel “Largest employers”. Ich denke dann gibt es keine weiteren Fragen mehr zu dem himmelschreienden Unsinn “85%”.



  1. Bei den Luftangriffen von Bagdad schossen die Amerikaner angeblich auf einen VAN, obwohl sie darin Kinder vermuteten


In der Sendung “Die Anstalt” wurde das suggeriert:


Das ist es aber nicht, wenn in dem Wagen Waffen vermutet werden. 

Es waren aber zwei Kinder drin. 

Ja, hätte man Kinder drin vermutet, hätte man ja nicht schießen dürfen. 

Der Fahrer war mit seinen Kindern auf dem Weg zur Schule.


Und der “Faktencheck” versucht das mit Tonaufnahmen aus dem Video zu belegen:


Their fault to bring children in to a battle;

dt Übersetzung Ihr Fehler wenn sie die Kinder mitbringen zum Schlachtfeld 


Diese Bemerkung eines Helikopter-Soldaten war aber, NACHDEM Bodentruppen verletzte Kinder in dem VAN entdeckten. Es gibt nicht den geringsten Beleg, dass die Amerikaner absichtlich auf Kinder schossen, oder auch nur welche vermuteten.



  1. “Eine konstruierte Vergewaltigung”


Mehrfach wird von einer “konstruierten Vergewaltigung” oder so ähnlich gesprochen. Und immer wieder beruft man sich dabei auf Nils Melzer (ja, das ist der gleiche Nils Melzer, der denkt in Alexandria, VA arbeiten 85% der Menschen bei der National-Security-Community, siehe Punkt 1). Also wenn ich in einem “Faktencheck” von einer “konstruierten Vergewaltigung” reden würde, also ich glaube mir würde als erstes dazu einfallen, mal mit den betroffenen Frauen zu reden, oder recherchieren wie sie darüber denken. Dazu aber im “Faktencheck”: Nix. Fehlanzeige.


Aber ich helfe gerne. Die beiden Frauen sind ja mehr oder weniger öffentlich. Die eine davon, Anna Ardin, äußerte sich mehrfach auf Twitter, und dabei sehr unmissverständlich hier[3]:


I would be very surprised & sad if Julian is handed over to the US. For me this was never about anything else than his misconduct against me/women and his refusal to take responsibility for this. Too bad my case could never be investigated properly, but it’s already been closed.


“Konstruiert” -- ernsthaft, ZDF?


Die andere, S.W., hat in Schweden die Wiederaufnahme der Ermittlungen angestrengt, nachdem Assange die Ecuadorianische Botschaft verliess[4].


In diesem “Faktencheck” wird also ernsthaft über eine “konstruierte Vergewaltigung” fabuliert, ohne sich auch nur ansatzweise mit dem Standpunkt der beiden betroffenen Frauen auseinander zu setzen. Wie deutlich kann man eigentlich noch gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen, liebes ZDF? Habt ihr auch nur mal ansatzweise darüber nachgedacht, was die Frauen empfinden, wenn ihr über eine “konstruierte Vergewaltigung” spekuliert und das gleichzeitig als “Fakt” verkauft? Das wäre schon als Satire hart an der Grenze, aber als “Faktencheck” geht das überhaupt nicht. Da ist eine Entschuldigung angebracht!



[1] https://www.zdf.de/assets/faktencheck-29-september-2020-100~original?cb=1601489853910

[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Alexandria,_Virginia

[3] https://mobile.twitter.com/therealardin/status/1116293000693518338

[4] https://apnews.com/article/a3053bfbb08b45f68bdd22fbc2404a8f




Dienstag, 19. Mai 2020

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur strategischen Auslandsaufklärung des BND ist eher unspektakulär

Ok, spektakulär ist das Urteil[1] insofern, dass das Bundesverfassungsgericht erstmals feststellte, dass Artikel 10 des Grundgesetzes, das private Kommunikation schützt, auch für Ausländer im Ausland gilt. Mir persönlich gefällt das nach wie vor nicht, aber das BVerfG hat das plausibel begründet, und sowohl ich als auch die Bundesregierung können damit wohl problemlos leben.

Denn -- und das ist der wesentliche Punkt des Urteils -- das BVerfG hat keinesfalls geurteilt, dass bei der strategischen Auslandsaufklärung die gleichen Maßstäbe angewandt werden müssen wie bei einer gezielten Überwachung im Inland. Das ist ausdrücklich nicht der Fall. Es muss keine individuelle G10-Genehmigung für jeden Selektor eingeholt werden. Das ist der Kernpunkt des Urteils, und hier haben die Snowden-Fans verloren, auch wenn sie es heute noch nicht wahrhaben wollen.

Im Kern geht es bei der Streitfrage darum, ob der BND massenhaft Daten abgreifen darf, und dann lediglich verpflichtet wird, diese ausschließlich aufgrund gesetzlicher Vorgaben auswerten zu dürfen, oder -- wie der typische Snowden-Fan üblicherweise "argumentiert" -- dass der BND gar nicht erst in Besitz dieser Daten kommen darf, da er sie ja ohnehin, Gesetz hin oder her, nach Gutdünken missbrauchen würde. Und hier ist das Urteil eindeutig, selbst mit der Tatsache, dass die G10-Filter nicht zu 100% funktionieren, hat es kein prinzipielles Problem:

b) Gesetzlich ist klar vorzugeben, dass die Inlandskommunikation sowie erforderlichenfalls die Kommunikation, an der auf mindestens einer Seite Deutsche oder Inländer beteiligt sind, vor einer manuellen Auswertung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik bestmöglich auszufiltern ist. Für Fälle, in denen das nicht gelingt, ist im Rahmen einer manuellen Sichtung prinzipiell deren unverzügliche Löschung sicherzustellen. Ausnahmen hiervon sind nur eng begrenzt möglich und gesetzlich zu regeln. 

Also selbst Ausnahmen sind möglich. Ich könnte mir als Ausnahme z. B. vorstellen, dass der BND unbeabsichtigt eine Inlandskommunikation abfängt, bei der es um ein Kapitalverbrechen geht, dass er dann das BKA informieren kann. Sehr vernünftig.

Auch ansonsten habe ich nichts in dem Urteil entdeckt, das mich erschrecken oder erschaudern ließe. Es ist weiterhin jede legitime Aufklärung erlaubt, es muss halt sauber gesetzlich kodiert, dokumentiert und auch parlamentarisch überwacht werden. Ich sage es immer wieder, die USA -- die uns ja in vielem immer wieder voraus sind -- haben solche Standards schon viel länger, sie funktionieren trotz Snowden-Unkenrufen sehr gut, und trotzdem sind deren Geheimdienste mächtig und liefern gute Ergebnisse. Ich sehe keinen Grund, warum wir uns nicht auch hier ein gutes Beispiel an den USA nehmen sollten. Und deshalb begrüsse auch ich dieses Urteil von heute ausdrücklich!

Die Bundesregierung muss nun ihre Hausaufgaben machen und einen neuen Gesetzesentwurf erarbeiten. Ich hoffe sie macht das schnell, bevor wir eventuell eine andere Regierung mit anderen Prioritäten haben. Und dann wird sich in der Praxis wenig ändern.

Sonntag, 26. April 2020

Das Trauerspiel um die Coronavirus-App zeigt, wie sehr die Snowden-Desinformation bis heute wirkt

Die russischen Geheimdienste waren schon immer ein Meister der Desinformation. Zu Zeiten des Kalten Kriegs hoffte man damit diesen zu gewinnen und den Kommunismus über die ganze Welt auszubreiten, heute dient es eher pragmatischen machtpolitischen Interessen und um von eigenem Versagen und Problemen abzulenken. Das unmittelbare Ziel war aber immer das Gleiche: Das Vertrauen der westlichen Bevölkerung in demokratische Institutionen zu zerstören.

In jüngster Vergangenheit hat man das gesehen z. B. zum russischen Überfall auf die Ukraine (“Eure Regierungen haben Russland betrogen und ausgetrickst!” und “sie machen außerdem doch das Gleiche!”), während der Flüchtlingskrise (“Eure Regierungen haben nichts unter Kontrolle!”), im letzten U.S.-Präsidentschaftswahlkamp ("Euer Establishment lügt und betrügt euch!"), und -- was viele leider bis heute immer noch nicht verstanden haben -- eine Aspekt der Snowden-”Affäre” ist, dass sie auch eine leider sehr erfolgreiche russische Desinformationskampagne war und ist. “Ihr werdet alle überwacht!" war die Lüge, an die bis heute viele glauben. 

Und jetzt die Kehrtwende der Bundesregierung zur Coronavirus-App. Bisher sah ich sie auf einem guten Weg mit dem zentralen Ansatz, denn nur so kann man schnell und effektiv Infektionsketten nachgehen sowie die Einhaltung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänen überwachen. Jetzt will sie offensichtlich doch dezentral. Begründung: Bedenken wegen möglichem Missbrauch und möglicher Überwachung. Argh!

Jetzt mal ernsthaft: Wir reden über Pandemien wie Corana, die alle paar Jahrzehnte auftreten, und da wäre die App einen kurzen Zeitraum von einigen Wochen, vielleicht wenigen Monate, verpflichtend (für diejenigen, die weitgehende Bewegungsfreiheit behalten wollen). Danach kann sie deinstalliert werden, und die Bundesregierung wäre verpflichtet die Server vom Netz zu nehmen, um auch von denjenigen keine Daten mehr empfangen zu können, die das Deinstallieren versäumen. Also ehrlich, wir leben derzeit in einem weitgehenden Shutdown, ich darf keine Verwandten oder Freunde mehr besuchen, bin zu Home Office gezwungen, muss Reisen absagen, viele fürchten um ihren Job, Unternehmen ums Überleben -- und all dies könnte mit einer gut geplanten und durchgesetzten App weitgehend gelindert werden. Aber nein, für uns Deutschen trumpft dagegen eine hypothetische, eingebildete Massenüberwachung. Snowden’s Desinformation hat gewonnen. Es ist zum Heulen. 

Der dezentrale Ansatz hat nicht die Spur einer Aussicht auf Erfolg. Eine Totgeburt. Wen es interessiert, hier hatte ich einen erfolgversprechenden Ansatz skizziert:


Mittwoch, 25. März 2020

Standortdaten gegen eine Pandemie?

Die aktuelle Diskussion ist bestimmt von zwei Seiten: Die Datenschützer, für die Privatsphäre offensichtlich über allem steht, und die jedwede Vorschläge am liebsten im Keim ersticken. Und auf der anderen Seite Leute, die irgendwie berauscht von der Idee erscheinen, dass Überwachungstechnik die Ausbreitung einer Pandemie deutlich verlangsamen kann, dabei aber leider rechtliche Bedenken vorschnell über Bord werfen und sich wenig Gedanken um eine realisierbare technische Umsetzung machen.

Zuerst müssen wir ein paar Fakten sammeln. Nur mit Fakten kann man vernünftige Entscheidungen treffen.

Können Standortdaten bei der Bekämpfung einer Pandemie helfen?

Ja, mit Sicherheit. Aber genauso sicher reichen dazu Funkzellendaten der Mobilfunkbetreiber nicht aus. Diese Daten sind zwar auf den ersten Blick verlockend, da die Bundesregierung mit einer gesetzlichen Grundlage die Mobilfunkbetreiber leicht zur Herausgabe dieser Daten zwingen könnte, aber was will man mit Daten, die viel, viel zu ungenau sind?

Man benötigt präzise GPS-Daten von Mobilfunkgeräten. Nur wie kommt man daran?

Entgegen landläufiger Meinung hat Google diese Daten von den meisten Nutzern nicht (Apple erst recht nicht). Es hat sie nur von denjenigen, die den Standortverlauf aktiviert haben, und das dürfte die Minderheit sein, da es opt-in ist.

Google hat von den meisten Nutzern anonymisierte Standortdaten (da das opt-out ist), die z. B. für die Stauerkennung von Google Maps genutzt werden. Man kann diese anonymisierten Daten in vielen Fällen de-anonymisieren (in dem man nach regelmäßigen Bewegungen schaut, die nur zu einer bestimmten Person passen können), aber das funktioniert nicht zuverlässig, und vor allem nicht in der Masse, da es eine individuelle Recherche ist.

Ganz davon abgesehen: Wie könnte man Google zwingen, die Daten zu übergeben?

Haben die Standortdaten in China und Südkorea geholfen?

In China mit seiner Totalüberwachung bestimmt, zu Südkorea, das ja eine liberale Demokratie ist, habe ich bisher keinen Bericht gefunden, dass die Regierung präzise Standortdaten aller Einwohner hätte. Lediglich dass die eine App entwickelt haben, mit der private Quarantänen überwacht werden.

Wie könnte eine realisierbare Lösung aussehen?

Zuerst muss man sich von dem Gedanken verabschieden, dass man jetzt zur Coronakrise noch eine Lösung findet. Da ist viel Gehirnschmalz notwendig, Gesetze müssen geändert werden, und die technische Umsetzung wird auch Zeit benötigen. Bis dahin ist Corona längst vorbei. Aber wir Menschen sind ja lernfähig und zukunftsorientiert, und die nächste Pandemie kommt bestimmt.

Ich könnte mir eine Lösung so vorstellen, dass die Bundesregierung eine App entwickelt, die präzise Standortdaten an das Robert Koch Institut übermittelt (wahrscheinlich sind GPS-Daten hier auch nicht genau genug, sondern es muss zusätzlich mit Bluetooth ermittelt werden, wer mit wem in Kontakt war, wie es der Ansatz bei dieser App[1] aus Singapur ist) und die angeordnete Quarantänen überwacht. Die Benutzung dieser App ist freiwillig, aber wer sie nutzt, der behält weitgehende Bewegungsfreiheit, während alle anderen strengen Ausgangsbeschränkungen unterworfen werden. Das kombiniert mit massenhaften, vorbeugenden Infektionstests könnte allgemeine Ausgangssperren vermeiden.

[1] https://www.straitstimes.com/singapore/coronavirus-spore-government-to-make-its-contact-tracing-app-freely-available-to

Samstag, 22. Februar 2020

Lies and conspiracy theories in support of Julian Assange


Nils Melzer, the United Nations special rapporteur on tortures, is campaigning a lot in the last couple of months in favor of Julian Assange. For example see this long interview[1]. Without doubt, he is a respected man, and so his claims have some impact. But if you look a bit closer, he often tells plain falsehoods or wild conspiracy theories. And unfortunately, nobody in the mainstream media seems to fact-check. The only exception I discovered so far is this great piece[2] (in German). A very good read, especially on why the torture accusations are unsupported nonsense, and why Sweden and the UK just followed the rule of law.


The two women didn’t want to incriminate Assange?


Melzer even claims “S.W. never accused Julian Assange of rape”.

Let’s look at the facts.

One of the women is Anna Ardin. I can say her name, because she herself makes public statements about the case. In April 2019, she said the following on Twitter[3]:

“I would be very surprised & sad if Julian is handed over to the US. For me this was never about anything else than his misconduct against me/women and his refusal to take responsibility for this. Too bad my case could never be investigated properly, but it’s already been closed.”

The other woman, S.W., doesn’t seem to appear publicly, but through her lawyer, she struggled that the case against Assange was reopened after he was arrested in London[4].

Does this sound like the two women didn’t want the case investigated?


The Swedish authorities constructed a rape story?


Melzer claims that the two women didn’t want Assange to be investigated, but that the Swedish police changed their testimony so that a rape story could be constructed:

“The woman’s testimony was later changed by the Stockholm police without her involvement in order to somehow make it sound like a possible rape.”

First, look at the point above: Even if the women didn’t want it from the beginning, it is very clear that they stand by their accusations, even until today.

Second, where is the proof, Nils? Your fluent Swedish?

A user on Twitter found the document Melzer likely refers to, and translated it with Google[5]. It sounds like the policewoman had some technical problems, couldn’t open the Word document and had to create a new one. I asked a native Swedish speaker, and he confirmed[6] that the translation was correct.

So no proof at all the police altered something. And why doesn’t Melzer seem to care about what the two women say on their own, why doesn’t he ask them whether they think their testimony was forged? It looks like he only listens to answers he likes.


A conspiracy?


The most ridiculous -- at least from my point of view -- of Melzer’s claims is that Sweden, UK, the U.S. and Ecuador conspired together against Assange. This is such unsupported nonsense, it is really hard to believe how serious people could possibly buy it. Really, three democracies and one banana republic conspired against Assange? And if Melzer would be honest, he had to add the two women to the list of conspirators, because how should the countries have known that the woman appeared at the police station?

Melzer says that the conspiracy is the only explanation that would make sense, but that’s simply not true. Here is how it could also have happened:

Both women had consensual sex with Assange. Both liked him, and both supported (and still do, I think) his political agenda. So it is very understandable that they struggled with themselves before going to the police or even file charges against him, and that maybe they initially even made contradictory statements. But after a bit time, after speaking with each other, the police, maybe friends and family, they understood that Assange not only treated them bad, but even committed crimes (don’t understand me wrong, I don’t consider this an established fact, whether it was rape or not is claim against claim).

Assange, on the other side, either wanted to hide from rape investigations, or really was paranoid enough to believe that Sweden conspired with ths U.S. in order to extradite him, and decides to escape to the Ecuadorian embassy. First he was welcomed there, but after an administration change they wanted to get rid of him. Banana republic.

Sweden just wanted to investigate the rape allegations, but stoped it after almost 10 years, because the limitation period was almost reached, and because the memories of alleged victims, Assange and witnesses were not very reliable any more after such a long time.

The UK simply had to penalize Assange for violations of bail conditions, and now have to decide over an extradition request from the U.S.

Why shouldn’t it have happened this way? This would be consistent with all known facts, and is much more plausible than Merlzer’s wild conspiracy theories.


Assange is indicted in the U.S. just for exposing war crimes?


This is another claim that simply isn’t true.

First, please read the indictment[7]. There are 18 charges, and 11 of them (charges number 1, 2, 3, 4, 9, 10, 11, 12, 13, 14 and 18) are about helping Manning stealing top secret documents: "aided, abetted, counseled, induced, procured and willfully caused Manning". Assistance is a criminal offense in every country of earth, not only the U.S.

So if Assange not only got the files from Manning, but conspired with her, and if the U.S. prosecutors can prove it, then he committed a crime, and this has nothing to do with the freedom of the press. You may say -- and I agree -- that the evidence the U.S. provided so far is weak, but we don’t know what else they may have, and we should not forget that Chelsea Manning is currently jailed for contempt. Why does she refuse to testify? Frankly, the only explanation I can see is that she knows more than she confesses and that she doesn’t want to incriminate Assange.

But now to the other 7 charges, which are about publication. But here again the situation isn’t as clear as Melzer and other Assange supporters try to make us believe. It should be consensus that the press is allowed to publish top secret documents if their content is in the public interest (fun fact: up until about 5 years ago, this was not so clear in Germany, when prosecutors investigated two journalists for publishing such stuff; google “netzpolitik landesverrat” for details). Wikileaks’ publication of the “collateral murder” clearly falls in this category (btw, this doesn’t mean I agree with the claim the video proved war crimes, but this is beyond the scope of this post). However, Wikileaks did much more, they published thousands of top secret documents which had nothing to do with war crimes or other wrongdoings, which were clearly not in the public interest, and which Wikileaks obviously didn’t even read before publishing.

It is an open question in U.S. law (and most other countries as well) whether journalists have the right to publish secret documents that are clearly not in the public interest (btw, I have no clear position on how it should be). Wikileaks / Assange should have known that they entered a grey zone and he shouldn’t be surprised being indicted now. But this doesn’t mean he will be sentenced at the end of the day. Assange has enough means and supporters to go all the way up until the Supreme Court. If he will be really extradited.


Samstag, 8. Februar 2020

Die CDU betreibt ein gefährliches va banque Spiel, wenn sie weiter nach links abdriftet

Wir haben in Deutschland einen links dominierten Mainstream. Das ist auch gar nicht zu verhindern. Die meisten Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen -- Journalisten, Politiker, Künstler, Entertainer, Wissenschaftler usw. --, sind überdurchschnittlich gebildet, und gebildete Leute tendieren eher nach links. Ich sage das jetzt ohne Wertung ob gut oder schlecht, richtig oder falsch, es ist einfach so.

Nur: Dieser links dominierte Mainstream ist kein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Und hier ist die Politik gefragt. Natürlich darf sie den Mainstream nicht ignorieren, vor allem nicht gute Argumente, aber wenn die Diskrepanz zu groß wird, wenn sich die Wähler nicht mehr repräsentiert sehen, dann wird es gefährlich, dann werden immer mehr extreme Ränder gewählt.

Ich habe mich lange gewehrt, der CDU ein Abdriften nach links vorzuwerfen. Außer einer Legislaturperiode war die Regierung Merkel immer eine Koalition mit der linken SPD, und da liegt es auf der Hand, dass Kompromisse notwendig waren, zu der natürlich auch die CDU stehen musste. Und auch die Behandlung der Flüchtlingskrise sah ich nicht als abdriften nach links. Man kann nicht einem Kriegsflüchtling, der plötzlich vor deinem Haus steht, die Tür vor der Nase zuknallen. Das geht einfach nicht. Hätte Merkel anders gehandelt, hätte es eine humanitäre Katastrophe gegeben, und als Folge wahrscheinlich die EU zersetzt. Merkel traf die einzig richtige Entscheidung -- wobei, im Nachhinein betrachtet, hätte man schon einiges machen können, die Konservativen mehr mitzunehmen: Man hätte deutlicher klarstellen können, dass es eine einmalige Aktion in einer Notlage war, dass man die Sicherheitsbehörden mehr einbindet, und dass man null Toleranz den Zuwanderern gegenüber zeigt, die sich nicht an unsere Regeln halten.

Aber jetzt, im Zuge der "Thüringen-Krise", zeigen sich Tendenzen in weiten Teilen der CDU, die mich Erschaudern lassen. Man will allen Ernstes die Linke, Rechtsnachfolger der SED, als ganz normale Partei betrachten. Die Partei, an deren Händen Blut der Mauertoten klebt. Die ihr Land ruiniert hat, die Menschen mit einem gigantischen Geheimdienstapparat bespitzelte, schikanierte und im eigenen Land einsperrte. Und bis heute hat sich die Linke nicht glaubwürdig von dieser brutalen Diktatur distanziert. Sie weigert sich sogar bis heute, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen.

Und "argumentiert" wird das mit Sätzen wie "man kann die DDR doch nicht mit Nazideutschland vergleichen". Meine Güte! Natürlich kann man das nicht, aber ich will in einem liberalen, demokratischen Rechtsstaat leben, und nicht eines Tages gezwungen sein mich zu fragen, ob eine rechte oder linke Diktatur das geringere Übel ist. Man kann doch nicht ein normales Verhältnis mit einer Partei haben, die mit Wehmut auf die eigene diktatorische Vergangenheit zurückschaut, und die offen Putin sowie diverse Despoten in südamerikanischen Bananenrepubliken bewundert -- nur weil es die Nazis gab, die noch schlimmer waren.

Aber zurück zu Thüringen, wo sich eine zweite bedenkliche Tendenz zeigte. Da gab es drei Kandidaten bei der Wahl zum Ministerpräsidenten: einen von der Linken, einen von der AfD, und einen von der FDP. Jeder anständige Mensch würde da keine Sekunde zögern und den FDP-Kandidaten wählen. Genau das taten die CDU-Abgeordneten. Aber was kam danach? Anstatt sich bei ihnen zu bedanken, einen SED-Ministerpräsidenten verhindert zu haben, standen sie plötzlich am Pranger, selbst in der eigenen Partei. Wie absurd geht es noch? Darf man bei Abstimmungen nicht mehr dem eigenen Gewissen folgen, nur weil die Gefahr besteht, dass die AfD genauso stimmt? Das darf doch wohl nicht wahr sein, Mainstream-CDU!

Ich hoffe, die CDU besinnt sich wieder, dass sie einen Wählerstamm hat, der klare Kante gegen beide Extreme will: Gegen rechts UND links. Ansonsten sage ich jetzt schon voraus, dass einer der nächsten Bundeskanzler ein deutscher Trump sein wird. Aber heult dann nicht rum.