Mittwoch, 25. März 2020

Standortdaten gegen eine Pandemie?

Die aktuelle Diskussion ist bestimmt von zwei Seiten: Die Datenschützer, für die Privatsphäre offensichtlich über allem steht, und die jedwede Vorschläge am liebsten im Keim ersticken. Und auf der anderen Seite Leute, die irgendwie berauscht von der Idee erscheinen, dass Überwachungstechnik die Ausbreitung einer Pandemie deutlich verlangsamen kann, dabei aber leider rechtliche Bedenken vorschnell über Bord werfen und sich wenig Gedanken um eine realisierbare technische Umsetzung machen.

Zuerst müssen wir ein paar Fakten sammeln. Nur mit Fakten kann man vernünftige Entscheidungen treffen.

Können Standortdaten bei der Bekämpfung einer Pandemie helfen?

Ja, mit Sicherheit. Aber genauso sicher reichen dazu Funkzellendaten der Mobilfunkbetreiber nicht aus. Diese Daten sind zwar auf den ersten Blick verlockend, da die Bundesregierung mit einer gesetzlichen Grundlage die Mobilfunkbetreiber leicht zur Herausgabe dieser Daten zwingen könnte, aber was will man mit Daten, die viel, viel zu ungenau sind?

Man benötigt präzise GPS-Daten von Mobilfunkgeräten. Nur wie kommt man daran?

Entgegen landläufiger Meinung hat Google diese Daten von den meisten Nutzern nicht (Apple erst recht nicht). Es hat sie nur von denjenigen, die den Standortverlauf aktiviert haben, und das dürfte die Minderheit sein, da es opt-in ist.

Google hat von den meisten Nutzern anonymisierte Standortdaten (da das opt-out ist), die z. B. für die Stauerkennung von Google Maps genutzt werden. Man kann diese anonymisierten Daten in vielen Fällen de-anonymisieren (in dem man nach regelmäßigen Bewegungen schaut, die nur zu einer bestimmten Person passen können), aber das funktioniert nicht zuverlässig, und vor allem nicht in der Masse, da es eine individuelle Recherche ist.

Ganz davon abgesehen: Wie könnte man Google zwingen, die Daten zu übergeben?

Haben die Standortdaten in China und Südkorea geholfen?

In China mit seiner Totalüberwachung bestimmt, zu Südkorea, das ja eine liberale Demokratie ist, habe ich bisher keinen Bericht gefunden, dass die Regierung präzise Standortdaten aller Einwohner hätte. Lediglich dass die eine App entwickelt haben, mit der private Quarantänen überwacht werden.

Wie könnte eine realisierbare Lösung aussehen?

Zuerst muss man sich von dem Gedanken verabschieden, dass man jetzt zur Coronakrise noch eine Lösung findet. Da ist viel Gehirnschmalz notwendig, Gesetze müssen geändert werden, und die technische Umsetzung wird auch Zeit benötigen. Bis dahin ist Corona längst vorbei. Aber wir Menschen sind ja lernfähig und zukunftsorientiert, und die nächste Pandemie kommt bestimmt.

Ich könnte mir eine Lösung so vorstellen, dass die Bundesregierung eine App entwickelt, die präzise Standortdaten an das Robert Koch Institut übermittelt (wahrscheinlich sind GPS-Daten hier auch nicht genau genug, sondern es muss zusätzlich mit Bluetooth ermittelt werden, wer mit wem in Kontakt war, wie es der Ansatz bei dieser App[1] aus Singapur ist) und die angeordnete Quarantänen überwacht. Die Benutzung dieser App ist freiwillig, aber wer sie nutzt, der behält weitgehende Bewegungsfreiheit, während alle anderen strengen Ausgangsbeschränkungen unterworfen werden. Das kombiniert mit massenhaften, vorbeugenden Infektionstests könnte allgemeine Ausgangssperren vermeiden.

[1] https://www.straitstimes.com/singapore/coronavirus-spore-government-to-make-its-contact-tracing-app-freely-available-to

1 Kommentar:

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