Sonntag, 6. Oktober 2019

Die Denkfehler der (deutschen) Snowden-Anhänger
(original gepostet 10.06.2015 auf Google+)


Immer wieder beklagen sich Snowden-Anhänger, dass der Großteil der Bevölkerung desinteressiert ist, anstatt sich zu empören. Jüngstes Beispiel ist dieser Heise-Artikel:

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Massenueberwachung-Wir-muessen-Empoerung-organisieren-2681148.html

Nun hat dieses Desinteresse sicherlich vielfältige Gründe. Es mag damit zusammen hängen, dass die wenigsten die Thematik technisch und juristisch verstehen, dass angesichts der weltweiten Bedrohungslage (Putin, ISIS, ...) Geheimdienste weniger kritisch hinterfragt werden, oder auch dass tatsächlich viele denken "wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten". Vielleicht ist es auch bei einigen Resignation, da "sich sowieso nichts ändert" (aber wenn man auf der anderen Seite bedenkt, wieviel Durchhaltevermögen die Atomkraftgegner hatten, bevor sich anfing etwas zu ändern ...). Die meisten Snowden-Anhänger reden es sich wohl schön, dass das die einzigen Gründe für das Desinteresse unter der Bevölkerung ist. Weit gefehlt. Ihr eigenes Verhalten trägt entscheidend dazu bei:


Man blockt Kritik ab, "diskutiert" lieber unter sich

Bestes Beispiel ist die Veranstaltung, über die der Heise-Artikel berichtete. Man war schön unter sich. Niemand war dabei, der die Snowden-"Enthüllungen" kritisch sah. Also konnte man ungehindert wilde Spekulationen als Fakten darstellen und sich dann darüber "empören". Auf wenig kann man sich auf dieser Welt verlassen, aber darauf, dass die "Aufklärer" bei ihren Veranstaltungen keine kritischen Stimmen einladen, schon. Aber damit sind sie nur in Einklang mit ihrem großen Vorbild Edward Snowden, der sich bis heute kein einziges Mal kritischen Fragen stellte (dass sein bisher härtestes Interview das mit Komiker John Oliver war, alleine das spricht schon Bände).
Das Problem ist nur, dass der neutrale Beobachter es vielleicht nicht versteht, aber dennoch sehr genau spürt, dass an einer derart einseitigen Skandalisierung etwas nicht stimmen kann.


Man überbewertet die Snowden-Dokumente

Als die Enthüllungen begannen, war vielerorts zu hören "die Zeit der Verschwörungstheorien ist nun vorbei, nun haben wir alles schwarz auf weiß!". Welch ein Irrglaube! Rein nüchtern betrachtet konnte Snowden bisher nur sehr wenig aufdecken. Seine bisher wohl wichtigste und folgenreichste (und auch allererste) Enthüllung war sicherlich die über das amerikanische Telefonmetadatenprogramm ("215 Programm"). Genau genommen wurde das zwar schon 2006 von der USA Today aufgedeckt, interessierte aber damals offensichtlich niemanden[1]. Und das Programm betrifft auch nur die Amerikaner selbst. Ansonsten noch ein paar Peinlichkeiten wie die Überwachung von Merkel (wobei das offensichtlich nicht durch Snowden enthüllt wurde[2]), darüber hinaus lebte die "Affäre" hauptsächlich von Skandalisierungen durch die Medien. Die meisten der Enthüllungen stellten sich im Nachhinein als falsch oder irreführend heraus[3].

Im Gegensatz zu der skandalisierenden Berichterstattung präsentieren die Snowden-Dokumente die NSA aber vielmehr als eine höchst bürokratische, regelbasierte und gesetzestreue Behörde. Dadurch fehlt ein wesentliches Element für eine erfolgreiche Kampagne, und zwar Schuldgefühle bei den Beschuldigten zu erzeugen. Diese können bisher leicht mit dem Inbrunst der Überzeugung beteuern, stets alles richtig gemacht zu haben.


Man übertreibt maßlos

Es ist von einer "Totalüberwachung" die Rede, es werden Vergleiche mit der Stasi gezogen, von dem "größten Geheimdienstskandal der Geschichte" gesprochen, die Demokratie sei akut in Gefahr, usw. Das sind für neutrale Beobachter, die sich weder überwacht fühlen noch die Demokratie in Gefahr sehen, einfach nur maßlose Übertreibungen. Und wenn man auch nach zwei Jahren noch unverändert übertreibt, ohne dass sich auch nur eine einzige der düsteren Prophezeiungen auch nur ansatzweise bewahrheitet hat, dann hört der Beobachter auch irgendwann gar nicht mehr hin.


Man ignoriert den Fakt, dass bisher kein einziges unschuldiges Überwachungsopfer präsentiert werden konnte

Die Snowden-Enthüllungen haben von Anfang an daran "gekrankt", dass kein einziges Fehlverhalten eines westlichen Geheimdienstes aufgezeigt werden konnte, genauso wenig wie auch nur ein einziges unschuldiges Opfer der behaupteten Massenüberwachung (Update: Jedenfalls nicht in befriedeten, westlichen Demokratien, um die es in diesem Beitrag geht -- und nicht um Drohneneinsätze in Kriegsgebieten; dass es in Kriegen immer unschuldige Opfer gibt, ist eine traurige Wahrheit, die ich natürlich nicht leugnen will). Damit fehlt nicht nur ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Skandalisierung, ein tatsächlich "greifbares" Unrecht. Es vermittelt auch vielen derjenigen, die gleichzeitig an die Propaganda von der "Totalüberwachung" glauben, einen "unerwünschten" Eindruck: "Wenn die Dienste so gut sind, dass sie zwar alles sehen, aber dennoch mich und alle Leute die ich kenne in Ruhe lassen mit unseren kleinen Sünden, dann ist ja alles halb so wild". Eine abgewandelte Form von "wer nichts zu verbergen hat ...".


Man zeigt eine unrealistische Erwartungshaltung

Die meisten der Snowden-Anhänger wollen mehr oder weniger offen Geheimdienste entweder ganz abschaffen oder aber derart stark und transparent kontrollieren, dass sie de facto handlungsunfähig werden. Das ist zutiefst illusorisch. Wir reden hier immerhin über das zweitälteste Gewerbe der Welt, das schafft man nicht so einfach ab, schon gar nicht weltweit und zuverlässig. Und ein nationaler Alleingang wäre einfach nur Irrsinn. Außerdem muss man sehen, dass das offensichtlich nur in Deutschland überhaupt ein Thema ist, kaum jemand immer Ausland beschäftigt sich auch nur mit solchen Gedanken.

Auch einige der weniger extremen Forderungen sind unrealistische Illusionen, wie beispielsweise die Argumentation, dass aufgrund der Tatsache, dass im Internet nicht zu 100% zwischen Inländern und Ausländern unterschieden werden kann, Spionage an Internetknoten per se unzulässig sei. Es ist absurd, dass sich diese Auffassung durchsetzen wird, viel eher wird es darauf hinaus laufen dieses Problem mit möglichst guten Filtern und Verwertungsverboten zu lösen (hier hat der Gesetzgeber aber durchaus noch Hausaufgaben zu erledigen).
Ähnlich sieht es mit der Argumentation aus, dass G10-Schutz auch für Ausländer im Ausland gelte. Setzt sich diese Rechtsauffassung durch, dann könnte der BND seine digitale Auslandsaufklärung auch gleich einstellen. Oder G10-Anordnungen würden so massenhaft und ausgedehnt ausgestellt werden, dass auch ein Schutz für Deutsche oder in Deutschland lebende Personen nicht mehr gewährleistet wäre. Es ist abwegig, dass das Bundesverfassungsgericht hier ein weltfremdes Urteil fällen wird -- vermutlich wird es aber auch nie eine entsprechende Klage bis zum Bundesverfassungsgericht schaffen.


Aber was bleibt dann den Überwachungskritikern?

Sie müssen sich zuerst den oben beschriebenen Realitäten stellen. Sie müssen ihre Snowden-verliebtheit aufgeben und erkennen, dass ihnen der Große Held kaum Munition für ihr Anliegen gab. Sie müssen ihre Arroganz ablegen, ihre Filterblase verlassen und sich einer offenen Diskussion stellen, nur so kann das Thema überhaupt wieder an die breite Bevölkerung getragen werden. Und sie müssen sich von illusorischen Maximalforderungen verabschieden. Last but not least müssen sie sich der Realität stellen, dass man auf absehbare Zeit mit einer Geheimdienstskandalisierung keinen Blumentopf bei demokratischen Wahlen gewinnen wird.

Stellen sich die Überwachungskritiker diesen Realitäten, dann haben sie durchaus die Chance, gestaltend bei notwendigen Veränderungen mitzuwirken. Denn dass die Gesetzgebung in Deutschland derzeit alles andere als zufriedenstellend an die digitalen Realitäten angepasst ist, das haben die letzten zwei Jahre sicherlich auch gezeigt. Reformen sind hier unausweichlich. Aber das ist einen eigenen Post wert.


[1] http://usatoday30.usatoday.com/news/washington/2006-05-10-nsa_x.htm
[2] http://www.golem.de/news/generalbundesanwalt-spiegel-soll-nsa-dokument-zu-merkel-handy-hergestellt-haben-1412-111119.html
[3] https://plus.google.com/+RolfWeber/posts/jmKrp4F75sg


Massenüberwachung: "Wir müssen Empörung organisieren"

rene guenther (drumthedrum) - 2015-06-10 23:22:02+0200 - Updated: 2015-06-10 23:22:32+0200
"Parlakom" ? ;-) Der Zug ist schon ganz weit weg, und der Knall verhallt. Klar vermische ich hier jetzt Sachverhalte, aber ulkig ist es schon. Und nach 2 Sekunden Nachdenken an Ironie nicht leicht zu übertreffen.. 😂
Dominik Kugelmann - 2015-06-11 08:48:12+0200
Hey! Guter Text. Du solltest einen Medium Artikel drauß machen.
Rolf Weber - 2015-06-11 12:14:46+0200
+Dominik Kugelmann Danke! :-)

+Conrad Schecker​ Der BND greift beim DECIX nur auf relativ sehr wenige, ausgesuchte Leitungen zu. Und diese schöpft er auch nicht komplett ab, sondern nur was zu den eingesetzten Selektoren passt. Damit ist das ganze durchaus zielgerichtet. Dann greifen auch noch G10-Filter, um möglichst viele deutsche Daten automatisiert herauszunehmen. Und vor der Weitergabe an die Amerikaner werden die Daten auch noch manuell gesichtet (da G10-Filter nicht 100% sicher sind). So jedenfall die glaubwürdigen Aussagen mehrerer BND-Zeugen vor dem "NSA-Untersuchungsausschuss".
Durch die Kabelauswahl, Selektoren und Filter bleibt von den 2 TB/s auch nur ein verschwindender Bruchteil übrig.

Und mit Deinem letzten Absatz hast Du bewiesen, dass Du Snowden nachplappern kannst. Brav.
Oliver Fels - 2015-06-11 12:23:10+0200 - Updated: 2015-06-11 12:23:58+0200
Kein einziges unschuldiges Opfer der Totalüberwachung?
Ich kann ja mal mit Opfern von Drohnenangriffen beginnen, identifiziert aufgrund gewisser Verhaltensweisen, die durch Kommunikationsdaten gewonnen wurden. Bzw. mit den Leuten, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren und als Kollateralschaden abgehakt werden.
Hat irgend jemand diese Leute aufgrund der gewonnenen Indizien vor Gericht gestellt und rechtskräftig verurteilt? Nein.

Was ist mit den durch massenhafte pauschale Überwachung weltweiter Kommunikation gewonnenen Daten von Personen und Institutionen, Unternehmen? Werden die einfach, weil nicht terrorrelevant, ignoriert oder ist es nicht doch eher so, daß man die Gelegenheit zur Vorteilsnahme der eigenen Interessen dann doch nicht einfach so verstreichen lässt?

Edward Snowden ist Geschichte. Er hat seinen Teil getan und den Finger in die Wunde gelegt.
Nun geht es an das Stellen wichtiger Fragen und Ziehen von Konsequenzen. Diese Nebelkerze oben zur Verharmlosung  dessen, was wir täglich sehen und erleben können, ist absolut kontraproduktiv.
Andreas Picasso - 2015-06-11 12:38:46+0200 - Updated: 2015-06-11 12:39:00+0200
Jeder hat was zu verbergen !

Wenn es dem nicht so wäre, würde man die Persönlichkeit aufgeben.. sein Wesen, und sich damit unweigerlich zum Untertan jeglicher Regierung machen !

Wer dies dennoch behauptet, der ist entweder ein geistloser Mensch..

..oder schon ein Sklave der Tyrannen.
Rolf Weber - 2015-06-11 12:42:06+0200 - Updated: 2015-06-11 12:43:11+0200
+Oliver Fels​ Auf welcher Basis Drohnenangriffe geflogen werden, darüber ist bisher zu wenig verlässlich bekannt. Aber diese Diskussion wollte ich an der Stelle gar nicht. Ich meinte eigentlich keine unschuldigen Opfer in befriedeteten, westlichen Ländern, nicht in Kriegsgebieten. Vielleicht stelle ich das im Post noch richtig.

Zu Deinem zweiten Punkt: Erstens gibt es keine Hinweise für eine "massenhafte pauschale Überwachung" und zweitens weiß man natürlich nicht verlässlich was ein *Geheim*dienst macht. Es wurde aber nun mal bisher kein Fehlverhalten bekannt.

+Conrad Schecker​​ Erstens behauptet niemand, dass Anschläge zu 100% verhindert werden können. Das könnte man nicht mal in einem richtigen Überwachungsstaat. Zweitens geht es bei weitem nicht nur um Terror, sondern auch um Dinge wie Proliferation, Geldwäsche, Embargobrüche, oder auch Korruption. FIFA lässt grüßen.
Rolf Weber - 2015-06-11 12:44:48+0200
+Andreas Picasso Ich halte nichts von der "wer nichts zu verbergen hat" Argumentation. Kam das nicht rüber?
Oliver Fels - 2015-06-11 13:31:11+0200
+Rolf Weber
Zitat: "Wir töten auf der Basis von Metadaten", erklärte der ehemalige NSA- und CIA-Chef Michael Hayden Anfang April in einer Podiumsdiskussion der Johns Hopkins Universität. Er bestätigt damit die Darstellung des ehemaligen US-Drohnenpiloten Brandon Bryant, das US-Militär nutze Verbindungsdaten, um Verdächtige zu orten und umzubringen.
https://www.freitag.de/autoren/mopperkopp/bei-anruf-mord
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Ex-NSA-Chef-Wir-toeten-auf-Basis-von-Metadaten-2187510.html

Das würde ich eine verlässliche Quelle nennen.
Es hilft auch nichts, das mit dem Argument des Kriegsgebiets wegzuwischen. Es werden Menschen auf Verdacht auf Basis ihrer Metadaten eliminiert und alle Umstehenden gleich mit. Das nennt man Kollateralschaden der Überwachung.

Es sollte doch mittlerweile jedem mit offenen Augen klar sein, daß die Überwachungsprogramme der 5 Eyes und ihrer Helfer an zentralen Knotenpunkten ansetzen und das illegal - bis hin zu Überseekabeln und Mobilfunknetzen. Das nennt man pauschal und ohne konkreten Anlass.
https://de.wikipedia.org/wiki/UKUSA-Vereinbarung

Die Verträge sind in den Quellen einsehbar.

In early 2014, the European Parliament's Committee on Civil Liberties, Justice and Home Affairs released a draft report which confirmed that the intelligence agencies of New Zealand and Canada have cooperated with the NSA under the Five Eyes programme and may have been actively sharing the personal data of EU citizens.
https://en.wikipedia.org/wiki/Five_Eyes

Usw.
Da muss man nicht einmal zur Presse gehen, das steht so in diversen Verlautbarungen der Beteiligten, Senatsaussüssen, Positionspapieren des EU-Parlaments, etc.

Man kann davor natürlich die Augen verschließen und sich auf einen Kreuzzug gegen angebliche Hysterie begeben.
Oder man kann die richtigen Fragen stellen. Liegt bei jedem selbst.
Frank L - 2015-06-11 14:55:39+0200
+Rolf Weber​ mal wieder auf seinem
immerwährenden Kreuzzug gegen Snowden.
Thomas H. - 2015-06-11 15:41:25+0200
Aber sicher doch, alle haben ja keine Ahnung und übertreiben, aber Sie +Rolf Weber​ blicken ja da voll durch und woher stammt ihre Qualifikation um das zu entscheiden das man z.B. die Snowden Dokumente überbewertet.
Rolf Weber - 2015-06-11 15:56:12+0200
+Oliver Fels Das Zitat von Hayden wurde aus dem Zusammenhang gerissen. In der Diskussion ging es um das amerikanische 215 Programm, nicht um Drohneneinsätze.
Aber nochmals: Darum geht es in meinem Beitrag nicht, ich habe das jetzt auch oben klargestellt. Ich sage, dass es bisher kein einziges Überwachungsopfer in westlichen Demokratien gibt. Dass bei Drohneneinsätzen Unschuldige umkommen leugne ich nicht, und ich halte es auch für plausibel, dass NSA-Überwachungsdaten bei der Einsatzplanung eine Rolle spielen. Es ist aber schon wieder eine absolute Spekulation, ob es ohne NSA-Überwachungsdaten weniger oder noch mehr unschuldige Opfer gäbe (ich tippe eher auf letzteres).

Zu den weiteren Punkten, es ist natürlich richtig, dass Geheimdienste Internetknoten anzapfen. Nur über das Ausmaß wird maßlos übertrieben. Dass dies "pauschal und ohne konkreten Anlass" sei ist aber eine wilde Spekulation, für die weder die Snowden-Dokumente, der "NSA-Untersuchungsausschuss", der amerikanische PCLOB 702 Report noch der britische ISC Report Hinweise geben. Noch nicht mal Dein Wikipedia-Eintrag, denn da steht "may".

+Conrad Schecker Du spekulierst einfach nur wild rum. Wie gesagt, bisher konnte seit Snowden noch kein einziger Fall gezeigt werden, aufgrund dessen jemand wegen einer illegalen Überwachung strafrechtliche Nachteile hatte.
Aber das ist für Dich ja eh egal, Du findest ja alle Überwachungen illegal. Ich denke hier erübrigt sich jede weitere Diskussion.
Rolf Weber - 2015-06-11 15:57:57+0200
+Thomas H. Ich bin Sysadmin, genau wie Snowden. Hihi.
Thomas H. - 2015-06-11 16:16:20+0200
+Rolf Weber ah so also auch beim Geheimdienst, naja dann haben Sie natürlich die Qualifikation und Sie wissen das alles woher.
Frank L - 2015-06-11 16:57:11+0200
Leider hat er überlebt (sarkastisch).
Thomas Dirscherl - 2015-06-11 17:36:09+0200
Der +Rolf Weber hat aber in einem Punkt Recht: Der Grund, warum nicht Millionen gegen die Überwachung auf die Straße gehen, ist tatsächlich dass einfach keiner so wirklich tatsächlich und ernsthaft oder selbst nur marginal betroffen ist. Da hilft auch das Beispiel von irgendwelchen Idioten, die ihren Flug aufgrund eines Tweets verpasst haben, nicht weiter.

Es gibt einfach, abgesehen von indirekten Auswirkungen wie Arbeitsplatzabbau durch Wirtschaftsspionage, keine merklichen negativen Folgen für mindestens 99,9999% unserer Bevölkerung.

Und diejenigen, die sich betroffen - überwacht - fühlen, fühlen sich so, weil sie auch in der digitalen Welt leben. Und dort artikulieren sie auch ihren Unmut. Das bekommt aber der Großteil, der noch analog lebt, nicht mit. Das macht den Unterschied zu der Anti-Atom-Bewegung. Das, und die Tatsache dass die Anti-Überwachungs-Bewegung im Gegensatz zur Anti-Atom-Bewegung im Recht ist ;)

Man sollte Rolfs Aussagen nicht einfach vom Tisch wischen, mit dem Hinweis dass er nur selektiv recherchiert und alles einseitig betrachtet, denn das macht die andere Seite ganz genauso. Man sollte sie ernst nehmen, nicht unbedingt auf der faktischen Ebene, aber auf der argumentativen Ebene.

Das Problem ist ja nicht, dass wir alle Angst haben müssten, dass die Informationen, die über uns gesammelt werden, zu unserem Nachteil gegen uns verwendet würden. Ich halte unsere reichen westlichen Demokratien entgegen aller vor-Putin/IS/Genen/Chemtrails/Atomen/...-Angsthaber für im Sinne meiner Argumentation stabil genug auf viele Jahrzehnte und vermutlich Jahrhunderte.

Nein, unsere Verantwortung ist eine globale. Es geht darum, dass die Rahmenbedingungen es derzeit ermöglichen, dass anlasslos, verdachtslos, flächendeckend, massenhaft und nahezu allumfassend Daten über jeden abgegriffen, analysiert, gespeichert und ausgewertet werden können. Das schlimmste, was wir davon direkt mitkriegen werden ist vermutlich, dass uns die Versicherungen irgendwann hochstufen, weil sie vermuten dass wir regelmäßig zum Extrembergsteigen fahren.

Aber wir ermöglichen dadurch auch dem Industriezweig der digitalen Überwachung zu florieren. Mit der Folge dass was heute die NSA kann in 10 Jahren auch Saudi Arabien kann. Und dann sind die Folgen spürbar. Zumindest sofern wir dann davon erfahren.
Andreas Picasso - 2015-06-11 18:43:06+0200
+Rolf Weber
Das habe ich nicht gesagt. Irgendwie kommt es schon rüber.. wenn auch etwas indirekt.
Rolf Weber - 2015-06-11 22:46:58+0200
+Thomas Dirscherl In vielem stimme ich Dir zu, aber eine Sache vernachlässigst Du: Es gibt nicht nur den Angriff (digitale Überwachung), sondern auch dazugehörige Verteidigung (Verschlüsselung, Anonymisierung, Firewalling, ...).Und es ist keineswegs so, dass letzteres ersterem hoffnungslos unterlegen wäre. Es ist eher ein Wettlauf. Es werden Angriffe bekannt, daraufhin werden Abwehrmaßnahmen entwickelt. Dieses Spielchen läuft schon seit Jahrzehnten so, und als Folge wird die IT-Sicherheit insgesamt immer höher.
So auch hier. Konkretes Beispiel: Durch die Snowden-Veröffentlichungen ging die Verbreitung von STARTTLS sprunghaft nach oben, so dass heute kaum noch eine Email unverschlüsselt über das Internet übertragen wird.

Insofern mache ich mir um Kandidaten wie Saudi Arabien, die technologisch hinterher hinken, wenig Gedanken. Die sind eher die "Verlierer" dieser Entwicklung.
Rolf Weber - 2015-06-11 22:49:56+0200
+Frank L Das Beispiel ist aber nicht sehr passend. Ich streite ja nicht ab, dass es zielgerichtete Überwachung gibt, und dass dabei Fehler gemacht werden. Ich streite ab, dass es eine Massenüberwachung gibt, die aus einer Masse an vorher unverdächtigen Menschen Verdächtige ermitteln will.
Rolf Weber - 2015-06-11 22:56:08+0200
+Andreas Picasso Dann um es klar zu stellen: Ich kann mir vorstellen, dass es Mitbürger gibt, die wegen "wer nichts zu verbergen hat ..." desinteressiert an Überwachungsthemen sind. Das ist aber entschieden nicht meine Haltung. Anlasslose Massenüberwachung ist mE inakzeptabel. Ich verteidige keine Massenüberwachung, sondern ich bestreite dass es sie in Ländern wie Deutschland oder den USA gibt. Snowden und seine Unterstützer lügen hier bzw. haben keine belastbaren Belege für ihre Behauptungen.
Thomas Dirscherl - 2015-06-11 23:18:06+0200
+Rolf Weber Ich würde sogar sagen: Für die relevante Situation wäre prinzipiell die Verteidigung überlegen. PGP Verschlüsselung kann die NSA immer noch nicht knacken, und das ist wie alt? Genau, sehr!

Und sauber implementierte Lösungen mit SHA256 und PFS usw. sind auch sicher. Natürlich kommt ein Geheimdienst trotzdem an alles ran, selbst wenn man PGP verschlüsselt mailt. Nur muss er dafür eben das machen, was ein Geheimdienst eben macht. Also z.B. versuchen, sich in deinen Rechner zu hacken. Oder deinen Router auf dem Versandweg abfangen. Oder dich per Satellit oder Drohne beim Passwort eingeben filmen. Und das soll er ja auch machen. Bei den paar tausend Leuten, bei denen das nötig ist. Aber der Durchschnittsbürger wäre damit sicher genug unterwegs.

Und du hast auch teilweise Recht, wenn du auf die gute IT-Sicherheit verweist. Die gibt es, ja. Und sie wird immer höher, ja. Aber nicht real genutzt und flächendeckend, sondern nur (a) insofern als dass die Möglichkeit dazu zur Verfügung stände und (b) eben auch nur bis zu einem "vernünftigen" Grad, wobei das "vernünftig" eben keine "nation state attacks" oder "advanced persistant threats" beinhaltet, weil die zu der Zeit, als man sich die Gedanken zu Netzwerken und Strukturen gemacht hat, einfach noch nicht existent oder bekannt waren.

Und zu (a), und das halte ich für wichtig: Tatsächlich wird eher gewhatsappt, und Kontodaten per Facebookchat geschickt. Und das schlimme ist: Wen gibt es denn, der eine sichere, praktikable Kommunikation ermöglicht? Definitiv wohl kein amerikanisches Unternehmen, das sich aus meinem vermarktbaren Daten finanziert. Nein, sowas hätte man z.B. von unserer Regierung erwartet. Und die hätte damals, als es mit De-Mail losging, die Chance dazu gehabt. Dass sie das nicht gemacht hat rechne ich ihr immer noch sehr negativ an.
Thomas Dirscherl - 2015-06-11 23:23:21+0200
+Rolf Weber Und zu Saudi Arabien: Den BKA Trojaner kaufen können die auch, das kann sich sogar Trinidad leisten. Und ihren Internetknotenpunkt abgreifen wohl auch. Zumal die das nichtmal im Geheimen machen müssen, wie die NSA, die Saudis können einfach sagen, dass jetzt alles überwacht wird. Wer was dagegen unternimmt wird halt geköpft, Ende aus. Übertrieben gesagt jetzt, aber im Kern deshalb nicht falsch.
Thomas Dirscherl - 2015-06-11 23:30:56+0200
+Rolf Weber Grad erst deine Antwort auf +Andreas Picasso​ gelesen: Möglich, dass du da sogar Recht hast. je nachdem was man unter Überwachung versteht. Aber würdest du mir zustimmen wenn ich sage: "Die Möglichkeit und technische wie legale Infrastruktur zur Massenüberwachung ist da"?

Mit legaler Infrastruktur meine ich hier, dass es keine rechtliche Handhabe für einen Kolumbianer gibt, gegen Überwachung durch den BND vorzugehen. Oder keine Möglichkeit für einen Deutschen gegen Überwachung durch den GCHQ vorzugehen. Einfach weil es geheim abläuft und auch nicht vertraglich anders vereinbart ist.
Andreas Picasso - 2015-06-12 01:15:35+0200
+Thomas Dirscherl

Ja. Dem würde ich zustimmen.

Wenn die Regierung anscheinend machtlos gegen solche Kräfte ist, und wir Bürger sowieso. Dann wissen wir wer die eigentliche Macht hat.

Wenn keine rechtliche Handhabe, dann eine andere..
Pascal Rosin (niun) - 2015-06-12 01:43:17+0200
Das Problem scheint zu sein, dass die Komplexen Auswirkungen einer Totalüberwachung von vielen nicht verstanden werden. Es geht hier nicht um einzelne Todesopfer oder so. Es geht um das Erlangen von möglichst viel Macht in Politik und Wirtschaft. Durch Erlangen von Wissen über schwache Punkte von Politikern und den Stand der Entwicklungen in "gegnerischen" Unternehmen.

Und ein paar zehntausende hier und ein paar ausgewählte Leitungen dort und ein paar Selektoren hier, die von dem einen lokalen Geheimdienst ab und zu angeschaut werden und ein paar Selektoren dort, die von einem anderen Geheimdienst angeschaut werden... jede Schnorchelstelle für sich hört sich vielleicht nicht ganz so schlimm an, aber in der Summe ist es Totalüberwachung. Ja, youporn Videos, animierte Gifs und Katzenbilder werden vielleicht nicht alle mitgeschnitten, aber wer will schon dieses Rauschen haben, wenn es um Macht geht?
Martin Pluntke - 2015-06-12 12:18:41+0200
Huch, da wollte ich mich schon in die Reihe der Basher und Snowden-Jünger einreihen und die Argumente Stück für Stück zerpflücken - doch halt: So war das ja gar nicht gemeint und ich bin in gerade eben diese Falle getappt, die hier so schön dargestellt wird.

Tatsächlich sagt der Beitrag doch nur aus, warum die vorhandenen und die nicht vorhandenen Fakten eben nicht dazu taugen die Masse zu bewegen - und da hat er vollkommen recht.

Ich bewege mich nicht, weil ich KEIN Überwachungsopfer kenne, ich bewege mich nicht, weil ich mich NICHT überwacht FÜHLE.

Das es dennoch so ist streitet niemand ab, es taugt nur nicht um die Massen zu mobilisieren. Bis die ersten Bilder von Strahlenopfern um die Welt gegangen sind hat man Lichtschalter mit Radium gehabt, hat sich das Zeug ins Gesicht geschmiert und von atomgetriebenen Autos geträumt.

Es fehlen die Opfer, es fehlt das erkennbare Leid, es fehlt etwas, mit dem ich mich als Mensch identifizieren kann.
Pascal Rosin (niun) - 2015-06-12 12:45:58+0200 - Updated: 2015-06-12 12:47:13+0200
+Martin Pluntke Es wird in absehbarer Zukunft keine sichtbaren Opfer geben. Jedenfalls keine, die man ohne Weiteres auf die Geheimdienste zurückführen kann, teilweise da die Geheimdienste halt im Geheimen operieren, teilweise weil deren Wirkweise komplexer ist als die von radioaktiven Materialien.

Ich bin trotzdem empört, denn Geheimdienste schlucken sehr viel Geld was ich zum Teil mit bezahle. Und das hat Snowden nochmal verdeutlicht. Aus den von ihm geleakten Dokumenten ist auch ersichtlich, dass dieses Geld eben nicht hauptsächlich in Terror-Abwehr fließt, womit es dem Steuerzahler ja ein wenig zu gute käme. Viel von dem Geld fließt in politische Bemühungen, die Geheimdienste einfach noch mächtiger zu machen und in Industriespionage um bestimmte (bezahlende?) Firmen mächtiger zu machen. Das verstärkt die Arm-Reich Schere und kommt nicht allen Steuerzahlern zu Gute.

Ich will einfach kein Geld für Geheimorganisationen ausgeben, die sich vor niemandem ernsthaft dafür rechtfertigen müssen was mit dem Geld geschieht. Mit diesem Missstand kann ich mich identifizieren und fühle mich direkt betroffen.
Thomas Dirscherl - 2015-06-12 13:15:28+0200
+Pascal Rosin Geht das Geld in die Terror-Abwehr, sinkt die Chance, Opfer eines Terroranschlags zu werden von 25% TBW ("Tod durch Blitzschlag Wahrscheinlichkeit") auf vielleicht 15-20% TBW. Davon profitieren statistisch dann 3 Amerikaner im Jahr.

Geht das Geld in die Industriespionage dann sprechen wir ganz schnell von hunderten Milliarden Dollar pro Jahr, die eben entweder in der entsprechenden Volkswirtschaft bleiben, dorthin fließen, oder daraus weg fließen. Daran hängen neben ein paar Milliarden hin oder her für Vorstände etc. auch tausende Jobs dran und Renditen von Renten oder Lebensversicherungen.

Wirtschaftsspionage ist muss die gewichtigere Aufgabe für Geheimdienste sein, weil sie mehr Vorteile bringt und somit die Kosten überhaupt erst rechtfertigen kann.
Pascal Rosin (niun) - 2015-06-12 17:17:29+0200 - Updated: 2015-06-12 17:18:07+0200
Richtig +Thomas Dirscherl die sinnvollste Aufgabe für Geheimdienste ist die Wirtschaftsspionage. Darum ist das wahrscheinlich auch ihre Haupttätigkeit.

Für falsch halte ich allerdings die These, dass mehr Umsatz in den Spitzen auch gut für die unteren "Schichten" ist. Diese Trickle-Down Theorie ist mindestens stark umstritten:

https://en.wikipedia.org/wiki/Trickle-down_economics#Criticisms

http://www.theguardian.com/business/2012/jul/21/offshore-wealth-global-economy-tax-havens

https://www.oxfam.org/sites/www.oxfam.org/files/bp157-left-behind-by-the-g20-190112-en.pdf

Wichtig finde ich auch den Punkt, dass es geheim bleibt wo Wirtschaftsspionage stattfindet und wer eventuell direkt von den Erkenntnissen profitiert. Das verhindert einen demokratischen Prozess in diesen Punkten. Geschweige denn, dass demokratisch entschieden werden kann, ob überhaupt Wirtschaftsspionage stattfindet.

Und dann kommen natürlich noch die Tätigkeiten hinzu, die so ein Geheimdienst machen muss um im Geheimen zu bleiben und seine Befugnisse nicht eingeschränkt zu sehen. Also Gegner ausspionieren, potentiellen Widerstand in der Bevölkerung ausspionieren, Kompromate über Politiker sammeln um Druckmittel zum Durchsetzen von Bemächtigungsgesetzen in der Hand zu haben, wild Daten über jeden und alles sammeln um was zum Tauschen zu haben, wenn man mal mit einem anderen Geheimdienst verhandelt... Und so weiter.

Alles ethisch höchst fragwürdige Tätigkeiten aber ohne dass jemand gefragt wird.

Und bei dem Teil mit dem Machterhalt fällt immer mehr auf, dass auch einzelne Menschen unter Druck gesetzt werden, die einfach nur ihr Demonstrationsrecht und ihre Meinungsfreiheit wahrnehmen. So kann man Hausbesuch von Polizei-Spezialeinheiten bekommen, wenn man in Sozialen Netzen von Demonstrationen redet, man darf plötzlich in bestimmte Länder nicht mehr einreisen und einige werden sogar körperlich angegangen. Zum Beispiel:

http://www.spiegel.de/international/germany/us-military-and-german-police-respond-to-facebook-post-about-nsa-walk-a-911451.html

http://www.echo-online.de/region/darmstadt-dieburg/griesheim/Dagger-Complex-Initiator-Bangert-festgenommen;art1287,6209540
Thomas Dirscherl - 2015-06-12 17:39:07+0200
+Pascal Rosin Ja!

Trickle Down besagt ja - noch anhängig von der Interpretation - dass es effektiver ist, den Reichen mehr Geld zu geben, anstatt den unteren Schichten. Das ist aber hier egal, weil so oder so unten was ankommt. Und wenn es nur noch 5% sind, nachdem iben 95% abgezweigt wurden, das sind immer noch viele Milliarden.
Pascal Rosin (niun) - 2015-06-12 18:06:58+0200
+Thomas Dirscherl Nö, kann auch passieren, dass gar nichts unten ankommt oder noch schlimmer, dass die Armen noch ärmer werden, weil die Reichen mehr "Chancen" bekommen die Armen auszunutzen. Stecke da jetzt nicht so tief drin, in dem Wirtschaftskram, aber die These "irgendwas kommt immer unten an" sehe ich nicht bestätigt.
Thomas Dirscherl - 2015-06-12 18:16:06+0200
+Pascal Rosin Mit mehr Zeit und Muße würd ich da gern mal drüber diskutieren, auch ich steck da kaum drin. Aber ich denke das von dir skizzierte Szenario dürfte zumindest möglich sein. Und für "unsere" Argumentation ja auch egal, denn wir sind uns einig dass Geheimdienste vor allem in der Wirtschaftsspionage wichtig sind.
Pascal Rosin (niun) - 2015-06-12 18:23:44+0200
+Thomas Dirscherl Wir sind uns einig, dass das Haupttätigkeitsfeld der Geheimdienste die Wirtschaftsspionage ist. Aber ich bin davon überzeugt, dass das nicht wichtig ist, sondern im Gegenteil, dass es schädlich ist dafür Geld auszugeben.

Das Geld wäre im Aufbau moderner Infrastruktur (Transport, Bildung, Netz, Energie) wesentlich effektiver und nachhaltiger angelegt. Davon profitieren Wirtschaft und Sozialgefüge garantiert.
Thomas Dirscherl - 2015-06-12 18:27:17+0200
+Pascal Rosin Ja, auch da sind wir uns einig :)
Rolf Weber - 2015-06-12 19:30:44+0200
+Thomas Dirscherl Zu Deiner Frage zur Massenüberwachung: Ja, die Briten können (wir umgekehrt genauso) Deutsche überwachen, ohne sich vor jemandem rechtfertigen zu müssen. Sie könnten also, wenn sie wollten, einfach alles sammeln was sie über Deutsche bekommen können. Nur muss man 3 Dinge beachten:
1. Glaube ich nicht dass die das überhaupt wollen. Es wäre Resourcenverschwendung zu Lasten ihrer eigentlichen Aufgaben.
2. Briten können nur sehr begrenzt Daten über Deutsche sammeln. Die meisten Daten von Deutschen bleiben auch innerhalb von Deutschland, wo nur deutsche Behörden oder Dienste Zugriff erzwingen können.
3. Werden heutzutage die meisten sensiblen Daten über das Internet eh verschlüsselt. Zwar können auch die Metadaten sehr interessant sein, aber mE nur wenn man gezielt hinter jemandem her ist.
Pascal Rosin (niun) - 2015-06-12 19:38:00+0200
+Rolf Weber

1. Richtig, Videos und Bilder werden nicht jedes mal mitgeschnitten, nur wer sie lädt und wann.

2. Warum können Briten nur begrenzt Daten über deutsche sammeln? Wo ist sichergestellt, dass "die meißten Daten innerhalb Deutschland bleiben"? Warum gehst Du davon aus, dass die NSA nix von ihrer DE-CIX Schnüffelei an den GCHQ abgibt? Was spricht dagegen, dass der GCHQ innerhalb von Deutschland schnüffelt?

3. Wer verschlüsselt E-Mails?
Rolf Weber - 2015-06-12 19:39:27+0200
+Pascal Rosin und +Thomas Dirscherl​, ich widerspreche Euch mit den Einschätzungen zu Wirtschaftsspionage (euren Kommentaren zu urteilen meint ihr damit Industriespionage). Ein paar Fakten:
1. Industriespionage ist amerikanischen Geheimdiensten (deutschen btw auch) verboten.
2. Es gibt bis heute keinen einzigen belegten Fall, bei dem amerikanische Geheimdienste Industriespionage betrieben.
3. Snowden-Dokumente selbst widerlegen Industriespionage (zB ist diese nicht in der geleaketen "NSA strategical mission list" aufgeführt.

Industriespionage ist zutiefst unethisch. Die westlichen Geheimdienste und ihre Regierungen würden sämtliche Existenzberechtigung verlieren, wenn sie mit sowas ertappt werden, auch die Unterstützung von Leuten wie mir. Alleine deshalb glaube ich nicht dass die das machen. Jedenfalls nicht systematisch (Verfehlungen einzelner Mitarbeiter kann man nie ausschließen).
Pascal Rosin (niun) - 2015-06-12 20:14:55+0200
+Rolf Weber

1. Geheimdiensten scheinen Verbote egal zu sein. Oder sie werden so abstrus ausgelegt, wie zum Beispiel beim BND, dass man ja Satellitenverbindungen abhören kann, weil die befinden sich nicht auf deutschem Boden.

2. Belegt ist da gar nichts. Man kann auch behaupten, dass die ganzen Snowden Leaks gefälscht sind. Aber die NSA versucht nichtmal, das zu beweisen. Genauso könnte der BND die Selektoren mal zeigen um zu beweisen, dass da keine Ziele in der Industrie dabei waren.

3. "Nicht aufgeführt" ist kein widerlegen.

Es deuten viele Hinweise auf Industriespionage. Dass das schwer zu belegen ist, ist klar. Dafür steht das Geheim in Geheimdienst. Und das ist das Problem, dass Geheimdienste viel Geld schlucken und es vollkommen außer demokratischer Kontrolle liegt, was damit passiert.

Und die Dinge, die durch Zeugenaussagen z.B. vom DE-CIX, von Google oder ähnliches belegt sind, halte ich auch für zutiefst unethisch. Viele tausende oder sogar millionen Menschen pauschal zu verdächtigen und abzuhören ist aus meine Sicht antidemokratisch und fui-bäh!
Thomas Dirscherl - 2015-06-12 22:16:18+0200
Rolf Weber - 2015-06-12 22:45:21+0200
+Thomas Dirscherl Zunächst ist das entsprechende Dokument nicht veröffentlicht. Gerade der SPIEGEL hat bei mir keinerlei Kredit mehr mit seinen voreingenommenen Berichten.

Und selbst wenn es stimmt, mit "Wirtschaftsspionage" meint der BND auch Spionage zu Korruption, Proliferation, Geldwäsche, Embargobrüche und ähnliches. Das hat mit Industriespionage reichlich wenig zu tun.
Thomas Dirscherl - 2015-06-13 09:18:29+0200
+Rolf Weber Deine Interpretationen sind mitunter abenteuerlich. Der BND warnt die Regierung davor, dass die Amerikanischen Geheimdienste gegen Geldwäsche vorgehen könnten?
Rolf Weber - 2015-06-13 09:29:56+0200
+Thomas Dirscherl Verlässlich bekannt ist bisher nur, dass der BND Selektoren entdeckte, die gegen deutsche Interessen sind. Gegen deutsche Interessen ist es z. B. auch zur WM-Vergabe 2006 zu ermitteln.

Man sieht es den Selektoren eben nicht an, was mit den zugehörigen Daten gemacht werden soll. Aber mit Internetdaten (wir erinnern uns, das Internet ist ein öffentliches Medium) aus Krisengebieten Wirtschaftsspionage machen zu wollen, dieser Gedanke ist abenteuerlich.

Und mehrere BND-Zeugen sagten vor dem NSAUA, dass sie keine Anzeichen für amerikanische Wirtschaftsspionage haben. Das letzte Mal noch diese Woche.
Thomas Dirscherl - 2015-06-13 09:31:19+0200
+Rolf Weber Du meinst "Industriespionage"? :)

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