Samstag, 5. Oktober 2019

BILDblog und ihr faktenresistenter Kreuzzug gegen Julian Reichelt (oder: Snowden-verliebtheit macht blind)
(original gepostet 27.06.2015 auf Google+)


Das BILDblog beruft sich zu großen Teilen auf die ARD-Reportage "Jagd auf Snowden"[1], laut BILDblog "ausgiebig recherchiert" und damit offensichtlich bar jeder Kritik. Und so funktioniert die "Logik" bei BILDblog: Wenn Julian Reichelt "Erkenntnissen" aus dieser ARD-Reportage in Frage stellt oder gar widerspricht, dann ... schwuppdiwupp ... ist damit die Unglaubwürdigkeit von Julian Reichelt belegt. So einfach geht das. Eigentlich genau das, was BILDblog sonst immer gerne kritisiert, bloße Behauptungen von Medien unreflektiert als Fakt zu übernehmen -- genau das machen die hier selbst.

Wie glaubwürdig aber ist die zitierte ARD-Reportage, wie glaubwürdig sind die öffentlich-rechtlichen insgesamt mit ihrer  Berichterstattung zur "Snowden-Affäre". Nun, da muss man ganz einfach nüchtern feststellen, dass die öffentlich-rechtlichen genauso skandalisierend, tendenziös und falsch über diese "Affäre" berichteten wie SPIEGEL, ZEIT, Süddeutsche & Co.

Und das nicht nur in der Reportage "Jagd auf Snowden" (dazu unten mehr). Die ZDF-Reportage "Verschwörung gegen die Freiheit" (alleine schon der Name lässt den Boulevardjournalismus vermuten) war ebenso skandalisierend, tendenziös und voller sachlicher Fehler. Auch z. B. eine Frontal21-Reportage war voller sachlicher Fehler[2]. Und auch eine der falschen und irreführenden Snowden-Enthüllungen (ja, mir ist bewusst, dass hier Snowden als Quelle nicht als sicher gilt), und zwar die verfälschende Berichterstattung zu den “XKeyScore Sourcen”, basiert auf einem Bericht der ARD[3].

Soweit aber nur, inwieweit die öffentlich-rechtlichen allgemein als glaubwürdige Informationsquelle zu den “Snowden-Enthüllungen” gelten können. Und da kann man nur konstatieren, liebes BILDblog: Auf keinen Fall mehr als ein unbestätigter Bericht der BILD-Zeitung. Warum aber macht ihr das dann, liebes BILDblog? Warum beruft ihr euch einzig auf einen unbestätigten, absurden Pressebericht? Reicht euch "öffentlich-rechtlich" als Qualitätssiegel? Ist euch bei eurem Kreuzzug gegen Julian Reichelt jedes Mittel recht, auch der Verrat dessen, wofür ihr vorgeblich kämpft?

Nun konkret zu der Reportage “Jagd auf Snowden”. Diese verärgerte mich damals so sehr, dass ich eine erboste Email an den NDR schrieb[4]. Ein Hauptkritikpunkt war, dass die Reportage vollkommen unerwähnt ließ, dass es glaubwürdige Berichte darüber gab, dass Edward Snowden bereits in Hong Kong intensiven Kontakt mit der russischen Botschaft hatte. Es wurde ursprünglich von der russischen Tageszeitung Kommersant aufgedeckt, dass er gar seinen 30. Geburtstag in der russischen Botschaft verbrachte, und auch viele westliche Mainstream-Medien berichteten darüber[5]. Und auch Vladimir Putin höchstpersönlich bestätigte (wie selbst von BILDblog verlinkt), dass es bereits in Hong Kong zumindest einen Kontakt zwischen Edward Snowden und russischen Diplomaten gab[6].

Die ARD-Reportage “Jags auf Snowden” aber ließ den erwiesenen Kontakt zwischen Edward Snowden und russischen Diplomaten bereits in Hong Kong völlig unerwähnt. Und dafür kann es nur zwei Erklärungen geben: Entweder waren der ARD weder die Berichte noch die Einlassung von Putin bekannt, oder diese brisante Information wurde schlicht unterschlagen. Falls ersteres, dann darf man wohl an “ausgiebig recherchiert” ein dickes Fragezeichen machen, und falls zweiteres ein dickes Fragezeichen an die Seriösität der Reportage überhaupt. So oder so, liebes BILDblog, ihr baut eure Argumentation auf einem Medienbericht auf, der keinem ernsthaften Faktencheck stand hält.

Eine zentrale Aussage von Julian Reichelt war, dass Snowden nicht in Russland "strandete", sondern vollkommen freiwillig dorthin reiste. Die Tatsache, dass er bereits in Hong Kong in Kontakt mit russischen Diplomaten war, ist ein deutliches Indiz für diese Annahme -- und BILDblog beruft sich auf eine Quelle, die ein solches wichtiges Indiz bei ihrer "Recherche" nicht mal erwähnte. Das ist armselig. 


Weitere Quellen, auf die sich BILDblog beruft, sind neben Edward Snowden auch Sarah Harrison und russische Staatsmedien. Ist das wirklich euer ernst, BILDblog? Welche verlässlichen Informationen gibt es denn darüber, was auf dem Moskauer Flughafen tatsächlich geschah? Ist das wirklich eure Art, kritisch zu Medien zu sein?


Ein weiterer Offenbahrungseid von BILDblog ist dies:

Und es bestätigte sich: Snowden konnte noch von Hongkong nach Moskau fliegen. Das dürfte mit einem annullierten Reisepass schwierig sein.

Wenn ihr jetzt mal nur für eine Sekunde die Propaganda von Snowden und seiner russischen Beschützer außer Acht lasst, dann werdet ihr vielleicht erkennen, dass nur die Fluggesellschaft ernsthaft prüft, ob ein Pass annulliert wurde. Snowden flog mit der russischen Aeroflot von Hong Kong nach Moskau. Die logische Schlussfolgerung dürft ihr selbst ziehen.



[1] http://www.tagesschau.de/ausland/snowden-flucht-101.html 
[2] https://plus.google.com/+RolfWeber/posts/63CLCaasxZ3
[3] https://plus.google.com/+RolfWeber/posts/jmKrp4F75sg 
[4] https://plus.google.com/+RolfWeber/posts/5qtqLJnnCAs 
[5] http://www.washingtonpost.com/world/report-snowden-stayed-at-russian-consulate-while-in-hong-kong/2013/08/26/8237cf9a-0e39-11e3-a2b3-5e107edf9897_story.html 
[6] http://blogs.wsj.com/emergingeurope/2013/09/04/putin-says-snowden-was-in-touch-before-coming-to-russia/ 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen