Samstag, 5. Oktober 2019

Musste BND-Chef Schindler gehen, da auch er die Funktion von Selektoren nicht verstand?
(original gepostet 16.10.2016 auf Google+)


Die Aussage des Zeugen B.R. vor dem NSAUA war höchst interessant -- wurde aber öffentlich kaum wahrgenommen. Dabei schilderte er glasklar, dass beim BND gehörig etwas schief lief. Aber die Medien bleiben sich bei dieser “Affäre” treu: Belanglosigkeiten werden skandalisiert, während man entscheidende Probleme nicht einmal registriert.

Der Zeuge sagte nicht weniger als dass nach dem massenhaften Entfernen von Selektoren plötzlich deutlich weniger auftragsrelevante Informationen kamen. Und das ist ein Skandal, jedenfalls wenn man wie ich annimmt dass der BND wichtige Arbeit verrichtet, und besseres zu tun hat als unbescholtenen Bürgern oder befreundeten EU-Staaten nachzuspionieren.

Aber schauen wir uns den Vorgang der Reihe nach an.

Da waren die “Snowden-Enthüllungen”, und u. a. in deren Zug wurde bekannt dass die NSA auch Kanzlerin Merkel ausspionierte. Diese reagierte empört mit dem legendären Satz “Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht”. Viele Geheimdienstexperten kritisierten das von Anfang an als “naiv”. Ich sehe das ein wenig anders, der Satz ist an sich ist richtig -- Ausspähen unter Freunden gehört sich wirklich nicht --, aber man muss dabei schon genau differenzieren wer “Freund” ist und was “Ausspähen” bedeutet (hier[1],[2] näher erläutert).

Nach der Äußerung von Merkel entstand beim BND und im Kanzleramt eine gewisse Hektik und Aktionismus, wenn man den Presseberichten und auch BND-Zeugen vor dem NSAUA[3] Glauben schenken darf. Die Befürchtung war klar: “Ja was macht denn der BND? Macht der etwa das Gleiche? Was wenn das rauskommt?”

Daraufhin wurden alle Selektoren gesichtet, und solche die auf “Freunde” verwiesen aussortiert. Und folgerichtig fehlten dem BND dann auch plötzlich wichtige Informationen, wie der Zeuge B.R. klar sagte. Das, was ich seit Monaten hier predige, dass Selektoren eben wenig über “Ausspähen” sagen, wurde von BND selbst, bzw. vom Kanzleramt, nicht realisiert -- und so Schaden angerichtet.

Und hier kommt Schindler in’s Spiel. Er war bei den Entscheidungen dabei. Er hätte eingreifen müssen. “Halt, stop Leute. Wir haben diese Selektoren nicht drin weil wir in unserer Freizeit Freunde ausspähen, sondern da wir uns von diesen auftragsrelevante Informationen erhoffen. Wenn ihr die löscht, behindert ihr unsere Arbeit!”. Das geschah offensichtlich nicht. Erklärbar ist es nur damit, dass auch Schindler die Problematik nicht verstand. Er warnte nicht, es wurde eine Entscheidung getroffen, und diese Entscheidung stellte sich als ein Fehler heraus, durch den dem BND wichtige Informationen entgingen.

Inzwischen hat das Kanzleramt die Sache mit den Selektoren offensichtlich verstanden, das wird durch die geplante BND-Reform sehr deutlich. Diese erlaubt ausdrücklich das Steuern von Selektoren von “Freunden” (auch wenn es an gewisse Bedingungen geknüpft wird, wie z. B. dass es nur bei bestimmten Aufträgen erlaubt ist, und einer gesonderten Genehmigung bedarf -- das ist auch vollkommen OK).

Aber der Aktionismus nach Merkel’s Satz war falsch. Und möglicherweise wurde dafür Schindler verantwortlich gemacht -- falls meine Spekulation stimmt, dann auch zurecht. Aber das ist, wie ich schon sagte, Spekulation.


[1] https://plus.google.com/+RolfWeber/posts/QciWT3P58Jc
[2] https://plus.google.com/+RolfWeber/posts/2jDPiEGbqeU
[3] http://www.bundestag.de/presse/hib/201609/-/462088

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